Der private Peter Hacks
Der Dichter Peter Hacks, der Formvollendete, der vehemente Streiter für seine politischen Ideale – wie war er als Privatmensch? Auch wenn er selbst diese Frage für das Werk als irrelevant eingeschätzt hat, die Neugier treibt uns Leser doch um.
Ganz unbefriedigt lässt er uns nicht, denn Hacks war selbst sein bester Archivar, etwa für seine Briefwechsel. Und so konnte 2013 »Peter Hacks schreibt an ›Mamama‹« erscheinen, die gesammelte Familienkorresponzenz. Zu einem Brief pro Woche verpflichtete sich der junge Mann gegenüber seiner Mutter, als er 1955 in die DDR übersiedelte. Kuriose Einkaufslisten (»Besonders richtig waren die Marshmallows. Wir wollen Marshmallows. We want Marshmallows.«) und Berichte über seine Antiquitätenkäufe stehen dort gleichberechtigt neben politischen Einschätzungen, Szenen aus den Berliner Künstlerkreisen und Nachrichten aus der Dichterwerkstatt. Später kommt der hitzige Streit mit dem ganz anders gepolten Bruder Jakob hinzu, alles gespiegelt durch Hacks' Lust an der gehobenen Plauderei und der Pointe. Das ist Hacks-, Künstler-, Zeitporträt und kurzweiliger Lesegenuss – alles in einem.
Apropos Pointe: Auch die ganz kleine Form, die Anekdote, scheute Hacks nicht. Einst machte er sich mit seinem Freund und literarischen Sparringspartner André Müller sen. daran, eine Anekdotensammlung über sein Leben zusammenzutragen. Doch weil die Meinungen im Konkreten auseinandergingen, wurden aus einem Projekt zwei getrennte, die einander ganz wunderbar ergänzen: »Was ist das hier?« von Pasiphaë alias Hacks und »Gott hält viel aus« von Müller. Man erfährt in pointierten Kürzestgeschichten, was Hacks mit Gottfried Benn gemein hat, warum ihm studentische Frühstückszeiten noch zu kurz sind und wieso ein Hacks im Haus den Zimmermann ersetzt, obwohl der Dichter über keinerlei handwerkliche Begabung verfügte. Und immer wieder blitzt der Spaß am Dissens mit den Größen der Zeitgeschichte auf.
Das kanonische Werk bleibt die Hauptsache, doch diese kleinen Formen liefern ergänzende Puzzlestücke zum Gesamtbild, machen es facettenreicher und noch spannender.
Hacks schließt seine Anekdoten:
»Kann man überhaupt etwas tun? sagte ein Mitkämpfer, der es satt hatte.
Tun wir denn nichts? fragte Hacks.
Was immer wir tun, sagte der Freund, es zeitigt keine Folgen.
Wer weiß, sagte Hacks. Heute nein, morgen doch.«