Am Freitag ist die jüdische Schriftstellerin Vera Friedländer im Alter von 91 Jahren in Berlin verstorben. Friedländer, als Veronika Rudau in Woltersdorf 1928 bei Berlin geboren, studierte an der Humboldt-Universität Germanistik, wo sie – nach einer Lehrtätigkeit an der Universität Warschau – in den achtziger Jahren eine Professur für Deutsche Sprache innehatte. Gemeinsam mit polnischen, französischen und anderen Verschleppten aus ganz Europa arbeitete sie tagtäglich unter Schikanen und der allgegenwärtigen Drohung, selbst in den Gaskammern zu sterben. Vera Friedländer überlebte das Grauen und klagte es bis zum letzten Atemzug leidenschaftlich an.
Als damals 15-Jährige nahm sie an der vermutlich einzigen erfolgreichen Protestaktion im Nazireich teil, als im März 1943 in der sogenannten Fabrikaktion Juden in der Gestapo-Sammelstelle in der Großen Hamburger Straße festgehalten wurden. Sie forderte gemeinsam mit ihrem Vater und anderen die Freilassung ihrer Mutter und weiterer arretierter Juden. Bis zuletzt engagierte sie sich gegen das Vergessen, war an dem Projekt »Stolpersteine« beteiligt, gründete eine Sprachschule, die inzwischen seit dreißig Jahren vornehmlich Einwanderer aus Osteuropa unterrichtet, und sprach vor Schulklassen, bei Kundgebungen und auf Gedenkveranstaltungen. Sie schrieb, inzwischen nahezu erblindet, unverändert Bücher und Beiträge gegen den wachsenden Antisemitismus. Sie selbst überlebte den Holocaust als Zwangsarbeiterin und berichtete darüber in ihrem 2016 erschienenen autobiografischen Werk »Ich war Zwangsarbeiterin bei Salamander« (Das Neue Berlin)
Vera Friedländer verstarb am Freitagabend im Krankenhaus Herzberge, in das sie am Mittag aufgrund ihres geschwächten Gesundheitszustandes eingewiesen worden war. Ihre Stimme wird künftig fehlen. Ihre Bücher jedoch bleiben.